Vierachsiger dieselhydraulischer Nebenbahn-Triebwagen (Einheitstriebwagen) VT 137 349 (Ep. 2)
Das Vorbild
Die bis Ende der 20er Jahre als Einzelgänger oder in kleinsten Serien entstandenen Verbrennungstriebwagen brachten für die weitere Triebwagenentwicklung
wertvolle Erkenntnisse. Diese damit einhergehende Typenvielfalt führt jedoch zu betrieblichen sowie unterhaltungstechnischen Schwierigkeiten.
Die ab Anfang der 30er Jahre in größeren Serien entstandenen Triebwagen nach vereinheitlichten Grundriss (Eilzugwagengrundriss, Essener Grundriss,
Einheitsgrundriss) führten auf Grund der zahlreicher Bauartunterschiede (unterschiedliche Motore, Steuerungen) ebenfalls nicht zu der beabsichtigten
Vereinheitlichung.
Mit dem am 29.05.1934 verabschiedeten Triebwagenprogramm sollte auf Nebenstrecken der gesamte Personenverkehr, auf Hauptstrecken bis auf lokbespannte
Fern- sowie Schnellzüge mit Triebwagen effektiver abgewickelt werden. Zur Umsetzung wurde 1935 ein Vereinheitlichungsprogramm beschlossen, welches neben
anderen Triebwagen auch einen 2-achsigen Nebenbahntriebwagen enthielt. In dem wenig später überarbeiteten Programm fehlte dieser 2-achsige Triebwagen
zugunsten besserer Laufeigenschaften 4-achsiger Triebwagen. Unter den 4-achsigen Triebwagen waren 3 Typen mit stehenden (250 PS, 90 km/h für Neben-
bahnen / 450 PS, 110 km/h für Haupt- u. Nebenbahnen / 650 PS, 110 km/h für Hauptbahnen) sowie 2 Typen mit liegendem Motor (275 PS, 90 km/h für Neben-
bahnen / 400 PS, 110 km/h für Nebenbahnen) vorgesehen. Hierbei sollten diese Fahrzeuge nach gleichem Grundriss, als Einheitstriebwagen entstehen.
Aus diesem Programm entstanden 1939/40 bei Westwaggon, Düwag sowie WUMAG als erste und zugleich einzige Variante des Einheitstriebwagens vierzig
Nebenbahn-Triebwagen mit stehendem Motor, eingereiht waren diese Fahrzeuge unter den Betriebsnummern 137 347 - 366 und 377 - 396 (VT 60.5 bei der DB).
Allerdings waren diese Triebwagen in einer Übergangsausführung ausgeführt, mit einem Maybach-Dieselmotor GO 56h bei einer Leistung von 225 PS (166 kW),
Antrieb auf einer Achse wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erreicht.
VT 137 353
Foto Westwaggon, Slg. Dietz
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Das Modell
Eine Anfrage, ob der Bau des Modells eines Einheitstriebwagens möglich sein? Erste Vorstellungen, Bau des Gehäuses wie bei den zuvor entstandenen Modellen
in konventioneller Bauweise fielen beim Auftragsgeber durch. Zu hoch die Erwartungen des Auftraggebers an die Detaillierung, zumindest Gehäuse sowie einige
Zurüstteile müssten wohl in Ätztechnik entstehen. Ebenso der Bau des Fahrwerkes als Umbau aus einem Piko-Fahrgestell sei völlig vorbildwidrig.
Problem 1: Der Bau von Modellen in Ätztechnik (für Detaillierung, insbesondere Darstellung von Nieten) war für den Bau später geplanter Triebwagenmodelle vor-
gesehen, bislang aber keine Vorarbeiten und Erfahrungen für die Erstellung der Ätzzeichnungen vorhanden.
Vorab zu erwarten, dass die Einarbeitung in ein geeignetes Zeichenprogramm mit einigem Aufwand verbunden sein wird (”selbsterklärende Programme” wie von
einem User in einem Modellbahnforum gewünscht, wird es auch künftig kaum geben), dass ebenso Rückschläge bis hin zu nicht verwertbare Ätzplatten möglich
sind. Aus diesem Grund wurde vor dem Einheitstriebwagen als Probestücke der Schlepptrieb- sowie Steuerwagen des Triebwagenzuges der NhE in Angriff
genommen. Trotz einiger für den Bau weiterer Modelle zu berücksichtigen Erfahrungen könnten die jeweils erste Version der entstandenen Ätzplatten verwendet
werden. Dafür sollte sich zeigen, dass manch Lohnätzer mit Ätzplatten im größeren Format (ca. A4) überfordert ist. So war die erste Ätzplatte für den Schlepp-
triebwagen (ebenso nachfolgend beim Einheitstriebwagen) ungleichmäßig sowie überätzt, damit nicht verwendbar. Erst eine spezialisierte Firma konnte in beiden
Fällen mit dem vorhandenen Ätzfilm problemlos Ätzplatten fertigen. Durch die Einarbeitung in das Zeichenprogramm sowie Probestücke vergingen gut 1,5 Jahre bis
zur Vorlage der Ätzplatte für das Gehäuse des Einheitstriebwagens, im Vergleich mit Vorhaben anderer Modellbauer eine durchaus gängige Zeitdauer.
Problem 2: Der Bau eines Modell in möglichst exakter Maßstäblichkeit sowie hoher Detailllierung erfordert zwangsläufig umfangreiche und genaue Unterlagen
(Zeichnungen, Fotodokumentation). Die in der Literatur wiedergegebenen Zeichnungen des Einheitstriebwagens basieren alle auf der gleichen vereinfachten
Skizze, ohne Darstellung der Baugruppen unterhalb des Wagenkastenbodens. Ein Vergleich mit Fotos zeigt zudem Unstimmigkeiten der Maßangaben bei
Anordnung sowie Größen von Türen und Fenster auf. Fotos als “Werksaufnahmen” (exakt von der Seite, mit Ausleuchtung Fahrwerksbereich) liegen leider nicht vor.
Entsprechend der hohen Ansprüche wollte der Auftragsgebers eine Dokumentation mit genaueren Zeichnungen sowie zahlreichen Fotos zur Verfügung stellen.
Entschied dann jedoch, diese nicht aus der Hand zu geben, “man könne diese ja vor Ort einsehen” und Fragen telefonisch klären. Eine Anfertigung der Ätzzeich-
nungen ist unter diesen Bedingungen illusorisch, ist mit jedem Zeichenschritt eine Abnahme bzw. Kontrolle der Maße von den Unterlagen erforderlich. Auch in
kleineren Etappen mit wiederholten Einsicht vor Ort kann diese Arbeit bei einer Entfernung von 500 km nicht funktionieren. Unter diesen Bedingungen war damit
zumindest für den Auftragsgeber das Modell des Einheitstriebwagens “gestorben”.
Angesichts der Vorarbeiten sollte ungeachtet dessen ein Modell des Einheitstriebwagens entstehen. Mit dem Triebwagen VT 137 396, später VT 60 531 bei der DB
ist noch ein Vorbild erhalten. 2006 durch die Osnabrücker Dampflokfreunde erworben, befindet sich der Triebwagen zuerst bei der MaLoWa, seit 2010 in
Eigenregie in Aufarbeitung. Ungeachtet dieser Aufarbeitung gäbe es jedoch weder Unterlagen (Zeichnungen) noch einen Fotodokumentationen, so eine Auskunft.
Weitgehend Erfolglos blieben ebenso Anfragen bei Fotoautoren in den Eisenbahnforen, wurde fast durchgängig nicht oder abschlägig reagiert.
Gehäuse
Bei der Anfertigung der Ätzzeichnungen wurde deshalb auf die vereinfachten Zeichnungen zurückgegriffen, deren Maße so weit wie möglich mit den zur Verfügung
stehenden Fotos verglichen. Darüber hinaus wurde auch das Brawa-Modell des Triebwagens der Bauart “Stettin” mit herangezogen, beide Vorbilder entstanden zur
gleichen Zeit und weisen konstruktive Gemeinsamkeiten auf. Vergleiche der Modelle sind jedoch mit Vorsicht zu ziehen, hat Brawa beim Modell des “Stettins” die
doppelflüglige Gepäckraumtür knapp 5 mm zu breit ausgeführt. Aus diesem Grunde erfolgte ein Probeausdruck auf Karton, zur Überprüfung der richtigen
Anordnung der Fenster insbesondere in den Bereichen der Führerstände sowie der Paßgenauigkeit der Gehäuseteile.
Probeausdruck
Nach Probeausdruck erfolgte die weitere Ausarbeitung der Ätzzeichnung. Aus Platzgründen konnten auf der Ätzplatte nur die notwendigsten Gehäuseteile unter-
gebracht werden.
Ätzplatte
Nach Vorlage der Ätzplatte begann der Zusammenbau des Gehäuses. Die nicht mit auf der Ätzplatte enthaltenen Verbindungsteile für Seitenteile, alle Trennwände,
sowie Winkel zur Stabilisierung der Seitenteile mussten deshalb konventionell gefertigt werden.
Für das Dach finden beide Dachhälften des 2-teiligen Triebwagenzuges “Stettin” Verwendung.
Triebwagengehäuse, rohbaufertig
Führerstandseite 2
Triebwagengehäuse, zugerüstet
Führerstandseite 1, Maschinenanlage
Fahrwerk
Für die Vorarbeiten des Einheitstriebwagen als Auftragsmodell, für die Baukonzeption wurden Fahrwerke des Hobbytrain-Modells vom VT 137 251 (VT 36.5) sowie
des Steuerwagens erworben.
Beim Umbau als Fahrwerk für den Einheitstriebwagens ist der Drehzapfenabstand des VT 137 251 von 166 mm (Vorbild 14420 mm) auf 162,5 mm (14140 mm) zu
kürzen. Darüber hinaus zu Kürzen ist die Gesamtlänge des Fahrwerkes, zu beachten ist dabei die unsymmetrische Anordnung der Drehzapfen beim Ausgangs-
modell. Dieser Kürzung fällt die Kurzkupplungskulisse auf der Seite des Maschinendrehgestelles zum Opfer, auf der anderen Seite kann diese erhalten bleiben,
muss jedoch teils neu aufgebaut werden.
Hobbytrain Fahrwerk Drehzapfenabstand und Gesamtlänge gekürzt
Eine Stellprobe zeigte einen Schiefstand des Modells auf, teils konnte dies durch Nacharbeiten der Gehäuseauflagen beseitigt werden. Eine verbleibende Ab-
weichung von 0,5 mm ist jedoch der unzureichenden Auflage des angetriebenen Drehgestelles geschuldet. Eine Kontrolle am vorhandenen Modell des VT 137 251
zeigte auch dort gleichen Schiefstand. Beim umgebauten Fahrwerk des Einheitstriebwagens wurde dieser Schiefstand durch Auffüttern der Gleitplatten beseitigt.
Die Stromabnahme des Laufdrehgestelles wurde vereinfacht, statt über Schleifflächen auf der Platine wurden Kabel mittels M 1,0 Schrauben direkt am Drehgestell
befestigt.
erhöhte Gleitplatten aus Messing
wieder aufgebaute KKK (Führung aus Messing),
M 1,0 Gewinde in den Radsatzlagerblechen des Laufdrehgestelles
Entgegen ursprünglicher Planung wurde ungeachtet der nach wie vor unzureichenden Dokumentation mit dem Bau der Baugruppen unterhalb des Wagenbodens
begonnen. Neben den weniger geeigneten Zeichnungen liegen wegen der Inbetriebnahme der Triebwagen ab 1939 kaum Fotos aus dem Zeitraum der Epoche 2
vor. Zwar waren bei der DB die Triebwagen als VT 60.5 bis in die 70er Jahre im Einsatz, erfuhren jedoch mehrere Umbauten. Verdeckt durch die Trittstufen des Ein-
stieges lassen sich Bauform, Abmessungen sowie Lage der Kühlanlage, oft auch wegen ungünstiger Fotoperspektiven nicht genau rekonstruieren. Deshalb bleibt
die Nachbildung der Kühlanlage vorerst abnehmbar, zudem läßt sich dieses Bauteil ca. 8 mm in Längstrichtung am Wagenboden verschieben.
Fahrwerk mit Nachbildung der Einheitsunterflurkühlanlage, koksgefeuertem Heizkessel der Warmwasserheizung, Schaltschrank sowie Batteriekästen (von links)
Drehgestelle
Bei Rückgriff auf handelsübliche Teile, dann würden die Drehgestelle des Hobbytrain-Modells vom VT 137 251 (VT 36.5) den Drehgestellen des Einheitstriebwagens
am ehesten entsprechen, so eine Aussage am Anfang des Bauvorhabens. Sowohl das Maschinen- und Laufdrehgestell des 360 PS Nebenbahn-Triebwagens und
des 225 PS Einheitsnebenbahn-Triebwagens entstanden in geschweißter Ausführung bei identischen Abmessungen. Während die Drehgestelle des 360 PS Trieb-
wagens aus Profilen sowie Blechen mit zahlreichen Revisionsöffnungen entstanden, wurde das Maschinendrehgestell des 225 PS Triebwagens in vereinfachter
Ausführung aus Stahlblech, mit weniger Durchbrüchen gebaut. Und weist auf Grund dieser Bauweise letztlich doch ein anderes Aussehen auf.
Maschinen- und Laufdrehgestell des 360 PS Nebenbahn-Triebwagen (Hobbytrain)
Die erforderliche Überarbeitung des Hobbytrain-Maschinendrehgestell zur äußerlichen Angleichung an das Maschinendrehgestell des Einheitstriebwagens umfasst:
- Schließen der nicht vorhandenen Durchbrüche
- Änderung der Befestigung der Sekundärfeder am Drehgestellrahmen
- Anbringung der Fangbügel für die Sekundärfeder (Blattfeder)
- Verlegung der Sandkästen an den angetriebene ersten Radsatz
- Nachbildung der Auspufftopfes
- Anbringung Schienenräumer
Maschinendrehgestell des Einheitstriebwagens (im Bau)
Die Arbeiten am Laufdrehgestell fallen nicht ganz so umfangreich aus und umfassen:
- Änderung der Befestigung der Sekundärfeder am Drehgestellrahmen
- Höherlegung unterer Abschluß der Radsatzlagerführung
- Austausch Schienenräumer aus Kunststoff gegen Messing
Laufdrehgestell des Einheitstriebwagens (im Bau)