AEG - Benzol-Triebwagen 1 (Epoche 2)
Die benzolmechanischen Triebwagen der AEG (1907 - 1928)
Die recht spät begonnene Entwicklung der Verbrennungstriebwagen ließ sich zudem recht langsam an. Anfangs war das Problem der mechanischen Kraftüber-
tragung unzureichend gelöst, so dass überwiegend die elektrische Kraftübertragung zum Einsatz gelangte. Hierfür erhielt AEG 1906 einen Entwicklungsauftrag, der
zum Bau der benzolelektrischen Triebwagen pr. V.T.2 führte. Der benzolelektrische Antrieb hatte nicht nur hohe Anschaffungskosten zur Folge, auch war der Unter-
halt der Fahrzeuge war mit hohen Aufwand verbunden. In den Jahren des 1. Weltkrieges war dieser kaum zu leisten, so dass die benzolelektrischen Triebwagen
Anfang der 20er Jahre überwiegend aus dem Betriebsdienst verschwunden waren.
Während nach dem 1. Weltkrieg die Deutschen Werke, Kiel (DWK) als ehemaliger Rüstungsbetrieb zur Auslastung ihre Fertigungskapazitäten auf den Triebwagen-
bau angewiesen waren, war die AEG mit ihrem Produktionsprogramm breiter aufgestellt. Zusammen mit Motoren-/Getriebfertigung der AEG-Tochter NAG (Nationale
Automobil-Gesellschaft) waren die Voraussetzungen zum Triebwagenbau vorhanden, galt auch dort die Kapazitäten auszulasten. Als weiterer Partner stand Linke-
Hofmann-Lauchhammer (LHL) für den Bau des Wagenkastens zur Verfügung, mit denen die AEG über Aktientausch in jenen Jahren verbunden war. Es entstand
Anfang der 20er Jahre eine Typenreihe mit 5 Fahrzeugen. Die überwiegende Teil der Triebwagen wurde nach dieser Reihe ausgeführt, auch wenn diese sich auf
Kundenwunsch In Abmessungen der Wagenkästen, der Fahrwerke, Fenster- sowie Türanordnung unterschieden. In der Bauausführung ähnelten insbesondere die
kürzeren 2-achsigen Triebwagen mehr den Straßenbahnen, insbesondere den Benzolstraßenbahnen jener Zeit. Der fast durchgehend verwendete 75 PS-
Benzolmotor war bei den Fahrzeugen der Typenreihe in den Führerständen auf dem Fahrzeuguntergestellt angeordnet. Die Kühler waren in den Stirnwänden
angeordnet, die nach dem Vorführwagen erbauten Triebwagen erhielten bis auf die Fahrzeugdächer hinauf reichende Kühlschächte für eine ausreichende Kühlung
bei Rückwärtsfahrt.
Abgesehen von den Triebwagen VT 701 u. 702, 703 u. 704, 709 - 712 (Wagenteil, Getriebe Gotha), 713/714 u. 715/716 (Wagenteil Wegmann) und 755 u. 756,
gelang es AEG ebenso wie DWK nicht, zu den Stammlieferanten der DR aufzusteigen. Mitte der 20er Jahren löste AEG die Verbindung zur LHL, mit dem zuvor
grössten Konkurrenten, den DWK wurde die Triebwagen AG (TAG) mit Sitz in Kiel gegründet. Der Erfolg der TAG hielt sich im bescheidenen Rahmen, so dass sich
die AEG aus der TAG und dem Triebwagenbau zurückzog. Ungeachtet dessen zählte AEG zusammen mit DWK zu den Pionieren des deutschen Triebwagenbaus.
Das Vorbild
Ab dem Sommer 1921 verkehrte auf der Kreisbahn Beeskow-Fürstenwalde ein AEG-Benzoltriebwagen, über den Einsatz wurde in der überregionalen Presse, in
Fachaufsätzen im In- und Ausland ausführlich berichtet. Das auf der 41,3 km langen Scharmützelseebahn verkehrende Fahrzeug verblieb trotz der Beschriftung
“Kreisbahn Beeskow-Fürstenwalde” im Eigentum der AEG, diente auf der in der Nähe von Berlin (Stammsitz von AEG) gelegenen Bahn als Vorführwagen.
Aufgebaut wurde der Benzoltriebwagen auf einem leichten stählernen Untergestell, getragen von den in einem Blechaußenrahmen geführten Lenkachsen. An einem
Ende des Untergestells war der 6-Zylinder-Benzolmotor mit 75 PS von NAG angeordnet. Vor dem Motor befand sich der Kühler in Bauart von Kraftfahrzeugen,
darüber hinaus diente das Kühlwasser der Beheizung des Fahrgastraumes. Am Motorausgang angeordnet war das druckluftbetätigte 4-Gang-Getriebe von NAG. Bis
in die 20er Jahre war die mechanische Leistungsübertragung noch nicht zufriedenstellend gelöst, zur Vermeidung von Schaltstößen sowie Schäden an den Zahn-
rädern befanden sich beim NAG-Getriebe die Zahnradpaare der jeweiligen Gänge im ständigen Eingriff. Das ebenfalls per Druckluft betätigte Richtungswechsel-
Getriebe war in der Fahrzeugmitte angeordnet, über eine Kardanwelle wurde die Antriebsachse angetrieben. Über Bodenklappen waren die Getriebe von oben aus
erreichbar. Die Bremse war als drucklufbetätigte, auf der Radsatzwellen angeordneten Scheibenbremsen, die Erzeugung der Druckluft erfolgte über eine am Motor
angeflanschte Druckluftpumpe. Als Feststellbremse war eine auf einen Radsatz wirkende Handspindelbremse vorhanden. Zur Mitnahme eines Beiwagens verfügt
das Untergestell an beiden Enden über eine leichte Zug- und Stoßeinrichtung sowie eine durchgehende Hauptluftleitung. Die Beleuchtung des Führer-, sowie des
Fahrgastraumes und der auf jeder Seite nur einmal vorhandene Scheinwerfer erfolgte elektrisch. Gespeist wurden diese von einem Bosch-Dynamo mit einer
Leistung von 250 W und einer parallel geschalteten Batterie.
Der leichte Wagenkasten wurde durch LHL aus Holz mit einer Blechverkleidung, das Tonnendach aus Holz mit Drellbespannung gefertigt. Im Fahrgastraum waren
die Sitzbänke quer angeordnet, dieser war zu den Führerständen durch Schiebetüren abgetrennt. Die Führerstände, zugleich Einstiegsräume waren durch Flügel-
türen abgeschlossen, der als Gepäckraum dienende Führerraum ohne Motoranlage dabei durch eine doppelflüglige Tür. Die großen Fenster im Fahrgastraum waren
im oberen Teil zur Belüftung klappbar ausgeführt, die seitlichen Fenster in den Führerräumen zum Herablassen eingerichtet. Mehr Details zu diesem Fahrzeug
finden sich in einem Prospekt des AEG-Vorführwagens.
Die Abbildungen des Vorführwagens auf der Scharmützelseebahn zeigen mehrere erhebliche bauliche Veränderungen, insbesondere an der Kühlanlage des Trieb-
wagens. Die Kühlung, insbesondere bei im Windschatten liegenden Kühlers bei Rückwärtsfahrt war offensichtlich nicht ausreichend. In der Beschreibung von AEG
wird für den Fall stärkerer Beanspruchung über eine Anordnung von Kühlrohren für eine größere Kühlleistung geschrieben. Bei dem Vorführwagen wurde jedoch
stattdessen am anderen Fahrzeugende ein weiterer Kühler sowie ein Kühlschacht in Form eines überdimensionierten Schnorchels angebracht.
Auf der Kreisbahn Beeskow-Fürstenwalde längere Zeit im Einsatz, wurde der Vorführwagenjedoch nicht von der Kleinbahn übernommen. Ab Anfang 1923 war der
Vorführwagen auf der Kleinbahn Bergedorf – Geesthacht sowie im Zeitraum 1.5. - 1.11.1923 auf der niederländischen Limburgsche Tramweg Maatschappij (LTM)
als LTM 901 im Einsatz. Danach verlieren sich die Spuren dieses Fahrzeuges, zwischenzeitlich wohl veraltet war auf der Eisenbahntechnischen Ausstellung 1924 in
Seddin von AEG ein 2-achsiger Triebwagen für die Schleswiger Kreisbahn ausgestellt.
Das Modell
Einen Bausatz vom Modell des regelspurigen AEG-Benzoltriebwagen der Kreis Oldenburger Eisenbahn hatte Burmester (MFB) aufgelegt, ist jedoch nach der Ge-
schäftsaufgabe bereits längere Zeit nicht mehr erhältlich. Als weiterer AEG-Fahrzeugtyp findet sich im Web ein Eigenbaumodell des Vorführwagens im Zeitraum des
Einsatzes auf der LTM als LTM 901 (auf der oberhalb verlinkte Seite).
Für diesen Einzelgänger aus früher Zeit liegen keine detaillierten Konstruktionszeichnen vor, in dem Prospekt des AEG-Vorführwagenses finden sich jedoch
Zeichnungen aus drei Ansichten mit den wichtigsten Hauptabmessungen sowie zahlreiche Fotos. Angesichts der baulichen Veränderungen wurde das Modell im
Auslieferungszustand von 1921 erbaut.
Für den Benzoltriebwagen fand ein 2-achsiges Fahrwerk mit Antrieb auf eine Achse Verwendung, welcher bis auf die geänderten Ausführung der Rahmenwagen den
zuvor erbauten Einachsantrieben entspricht. Der Pressblech-Außenrahmens entstand aus Messingblech, die Nachbildung der Achshalter sowie der Federpakete
stammen von D.I.T.-Modell.
Fahrwerk mit Pressblech-Außenrahmen
Der Wagenkasten des AEG-Benzoltriebwagens erfordert einen recht hohen Aufwand, das Wagenkastenmittelteil ab den zwei mittleren Fenstern zu den Fahrzeug-
enden hin eingezogen, die Einstiegsräume schmaler als des Wagenmittelteil. Zusätzlich ist der Wagenkasten im unteren Teil ebenfalls eingezogen. Weiterhin
erschweren die großen Fenster mit im oberen Teil angebrachte Klappfenster (aus 0,2 mm dünnen Blech nachgebildet) und schmalen Fensterstegen den Bau. Eine
Inneneinrichtung mit erhöht angebrachten Fußboden deckt den Antrieb ab, in den Einstiegräumen sind ebenfalls Nachbildungen der Führerstände sowie die innere
Motorverkleidung untergebracht.
Wegen der eingezogenen Wagenenden sowie der spitz zulaufenden Stirnseiten fand bei der Anfertigung des Triebwagendaches als Material das schon bei anderen
Fahrzeugen Balsaholz (Flugmodellbau) Verwendung. Auf eine der Gehäuseform entsprechende Messinggrundplatte aufgeklebt, erfolgte die Formgebung des
Daches. Eine weitere, geringfügig größe Messingplatte dient als Nachbildung der umlaufenden Regenrinne des Triebwagens.
Der AEG-Benzoltriebwagen vor der Lackierung, einige Zurüstteile nur lose angesteckt
Über die Farbgebung des AEG-Benzoltriebwagens liegen keine Informationen vor. Die helle Farbgebung auf den s/w-Fotos, die an Straßenbahnen angelehnte Bau-
weise läßt eine an die Straßenbahnen der 20er Jahre angelehnte Farbgebung schließen. Beim AEG-Benzoltriebwagen wurde beim Wagenkasten Elfenbein (RAL
1014), für Fahrwerk sowie Dach als heller Farbton Betongrau (RAL 7023) verwendet. Beim dunkel abgesetzten Brüstungsstreifen sowie der Kühlereinfassung wurde
auf Schwarz zurückgegriffen.
AEG Benzol-Triebwagen 1 (Eigenbau)
Technische Daten der Triebwagen
Liefernummer
1
Baujahr
1921
Achsanordnung
A1
LüP (mm)
11 760
Lieferfirma Wagenteil 1)
LHL
Motor
2)
NAG
Getriebe
NAG
Sitzplätze
- / 35 / -
Dienstmasse, unbes. (t)
11,5
Antrieb Bauart
Benzolmotor
Dauerleistung (PS/kW)
75 / 55
Leistungsübertragung
mechanisch
Steuerung
Motor
elektromagnetisch
Getriebe
elektropneumatisch
Geschwindigkeit (km/h)
36
Modell Hersteller
Eigenbau
1)
NAG
Nationale Automobil-Gesellschaft, Berlin-Oberschöneweide
2)
LHL
Linke-Hofmann-Lauchhammer AG, Köln
Hinweis: Sammlungsbereinigung Triebwagen, Dampfloks, Wagen, Literatur, Zubehör, Liste unter Sammlungsbereinigung
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