Stoltz-Dampftriebwagen Frankfurt 82 der KPEV (Epoche 1)
Der Stoltz Dampferzeuger
Dampftriebwagen wurden bereits seit etwa 1880 eingesetzt, die Thomas-DTW
(Modell in Ausführung der Kgl. Sächs. Stb. auf dieser Homepage) waren jedoch
veraltet, die neueren Fahrzeuge der Bauart Ganz sowie Dion-Bouton erfüllten
ebenfalls nicht die an sie gestellten Erwartungen. Bis zur Entwicklung des Kittel-
Kessels wurden wie beim Thomas-DTW auf Dampfkessel herkömmlicher
Bauweise zurückgegriffen. Oder man versuchte mit Dampferzeugern spezieller
Bauart (wie Serpollet, aber auch Rowan, Dion-Bouton) Platzbedarf sowie
Gewicht einzusparen, gleichzeitig dabei die Bedienung zu vereinfachen. Letztlich
erwiesen sich die speziellen Dampferzeuger alle als zu leistungsschwach und im
Betrieb als zu empfindlich.
Aus diesen Erfahrungen heraus wurde von Stoltz (Berlin) ein Rohrplattenkessel
mit recht großer Verdampfungsfläche entworfen. Zwölf Rohrplatten waren
senkrecht nebeneinander angeordnet, zwischen ihnen fanden noch die Über-
hitzerrohrschlangen ihren Platz. Wie beim Serpollet-Dampferzeuger wurde in die
heißen Platten Wasser in Abhängigkeit vom Leistungsbedarf eingespeist und
verdampft. Dabei wurde ein Dampfdruck von über 35 bar, eine Heißdampf-
temperatur von 340 Grad Celsius erreicht. Gespeist wurde der Kessel von zwei
Duplex-Dampfpumpen, die Feuerung erfolgte je nach Ausführung mit Kohle bzw.
mit Öl.
Die beiden Dampftriebwagen der Bauart Stoltz wurden von der KPEV Anfang des
20. Jahrhunderts zusammen mit zwei anderen Triebwagenbau-arten, einem
benzolelektrischen VT 1 sowie den Akkutriebwagen pr. AT 1 in Auftrag gegeben.
Hauptanliegen war der Vergleich der Antriebsformen sowie das Sammeln von
Erfahrungen zur Entwicklung, Erprobung und Betrieb von Triebwagen.
Das Vorbild
Von der KPEV erhielt die Hannoversche Maschinenbau AG (vormals G. Egestorff) den Auftrag zum Bau der beiden Dampftriebwagen, zu Vergleichszwecken war
das eine Fahrzeug mit kohlegefeuerten, das andere mit ölbeheizten Kessel auszurüsten. Die Zweizylinder-Verbundmaschine des Stoltz-Dampftriebwagen war als
eine staubdichte, im Ölbad laufende Maschine ausgeführt. Diese lagerte mit der einen Seite auf der Treibachse im Drehgestell, das andere Ende war unterhalb des
Fahrzeugbodens aufgehängt. Die Kraftübertragung erfolgte durch Stangen auf die gekröpfte Treibradsatzachse.
Den Wagenteil fertigte die Breslauer AG für Eisenbahnwagenbau und entstand nach den seinerzeits üblichen Grundsätzen der Personenwagen. Das Fahrwerk
wurde aus Profilen zusammengenietet, ausgerüstet mit einem Drehgestell am Fahrzeugende mit der Stoltz-Dampferzeuger sowie einer Vereinslenkachse am
anderen Fahrzeugende. Die Bremse, als Wurfhebelbremse ausgeführt, wirkte auf alle drei Achsen. Zug- und Stoßeinrichtung entsprachen der Regelbauart und
waren durchgehend ausgeführt.
Die Wagenkästen entstanden aus einem Holzgerippe, innen mit Holzbrettern, außen mit Blech verkleidet. Das Oberlichtdach bestand aus einer Holzeindeckung mit
der üblichen Segeltuchbespannung. Im Bereich des Führerhauses bestand der Wagenkasten aus Winkelprofilen aus Metall sowie einschließlich des Dachbereiches
aus Eisenblech. Ausgestattet war das Fahrzeug mit einem an den Führerstand anschließenden Abteil der 4. Klasse, durch die quer angeordneten Sitzbänke
zugleich auch für Traglasten geeignet. In der Mitte des Fahrzeug gelegen folgte ein Abteil 3. Klasse, von der Breite zur Umrüstung auf die 2. Klasse ausgelegt.
Diesem einem Abteil folgte nochmals ein weiteres Abteil der 3. Klasse mit sechs Sitzreihen. Als Besonderheit zu anderen Dampftriebwagen befand sich am anderen
Fahrzeugende nochmals ein Führerstand an, alle erforderlichen Bedienelemente waren vorhanden. Zugleich diente der hintere Führerstand als Gepäckraum.
Im Juli 1908 begannen die Probefahrten mit dem kohlegefeuerten Fahrzeug “Frankfurt 81” auf der Strecke Hannover - Walsrode. In der Ebene wurde die Dauer-
geschwindigkeit von 50 km/h innerhalb von 90 sek erreicht werden, ein Anfahren mit Beiwagen von 19 t Masse konnte in Steigungen 1:65 war problemlos möglich.
So konnte noch im gleichen Monat ein fahrplanmäßiger Versuchsbetrieb auf der 16,4 km langen Strecke Hannover - Lehrte aufgenommen werden, die dabei täglich
achtmal befahren wurde. Das Fahrzeug wurde dann ab Herbst 1908 in Limburg/Lahn stationiert, ebenfalls das ölgefeuerte Fahrzeug “Frankfurt 82”.
Offensichtlich gab es im weiteren Betriebseinsatz Probleme bei der Dampferzeugung, ein Jahr nach Inbetriebnahme wurden die Wasserbehälter vergrößert. Mit
Nummerplan vom Juli 1910 erhielten die Fahrzeuge die Bauartbezeichnung D.T.2 mit den Nummern 11 und 12. Aus gleichem Jahr sind Überlegungen datiert, beide
Triebwagen mit Dampfkesseln (Kittel) auszurüsten. Zur Umrüstung auf Dampfkessel liegen unterschiedliche Ausführungen vor. In einigen Quellen (Merkbuch für die
Fahrzeuge der Preußisch-Hessischen Staatseisenbahnverwaltung, Ausgabe 1915) wird der Triebwagen “Frankfurt 82”, um 1911 umgerüstet auf Kittel-Kessel
geführt. Um 1922 wurde der Triebwagen in einen 4-achsigen Abteilwagen umgebaut und in der Direktion Hannover mit der Wagennummer 1451 eingesetzt.
Sichergestellt hingegen, dass der bereits 1914 ausgemusterte Triebwagen “Frankfurt 81” in einen 3-achsigen Durchgangswagen umgebaut und mit der Wagen-
nummer 1849 bei der KED Cassel eingesetzt wurde.
Das Modell
In der Zeitschrift “Modelleisenbahner” begann mit Heft 04/1988 die Serie “Fahrzeugarchiv”, in der weniger bekannte Vorbilder aus der Länderbahnzeit vorgestellt
wurden. Auf Archivmaterial zurückgreifend, waren die Fahrzeugzeichnungen sehr detailliert im M 1:43,5 gehalten. In der ersten Folge wurde der Dampftriebwagen
der Bauart Stoltz vorgestellt, an Hand mehrerer Quellen in Archiven konnte P. Zander die in den antiquarischen Publikationen nicht enthaltenen Seitenansichten
erstellen. Offensichtlich war der Führerstand mit dem Stoltz-Dampferzeuger asymmetrisch ausgebildet, nur auf der Heizerseite zum Aufnehmen der Betriebsvorräte
(Kohle bzw. Öl) eingezogen. Auf Anfragen zu diesem Detail, der Quellen wurde leider nicht reagiert. So bleibt die Umsetzung der Form des Triebwagenkastens mit
einem gewissenen Fragezeichen verbunden, entsprechend waren schon Handarbeitsmodelle bzw. Zeichenvorlagen mit symmetrischen Führerstand zu sehen. Auch
in den nachfolgenden Beiträgen wurden vorrangig Triebwagen behandelt, von denen einige nachgebaut als Modell auf dieser Homepage vorgestellt werden. Leider
endete die Serie bereits nach zwei Jahren mit inhaltlichen Veränderungen der Zeitschrift.
Abgesehen von einem Kleinserienmodell in der Nenngröße N von Thonfeld wurde dieses Fahrzeug von keinem Hersteller angeboten. So entstand dieses Fahr-
zeugmodell in der Nenngröße H0 im Eigenbau in Messingbauweise. Der kastenförmige Wagenkasten, ebenso das unterflur im Drehgestell angeordnete Dampf-
triebwerk hält den Aufwand in Grenzen. Als Antrieb wurde anstelle der bislang verwendeten sb-Einachsantriebe auf einen zuvor als separate Baugruppe selbst
angefertigten Einachsantrieb zurückgegriffen. Angetrieben durch einen 5-poliger Motor von Mashima orientiert sich der Aufbau an die Einachsantriebe von Weinert,
von dort wurden zugleich Schnecke sowie Zahnräder bezogen.
Fahrwerk des Dampftriebwagens mit Eigenbau-Einachsantrieb sowie Nachbildung der Inneneinrichtung
Um beim Bau des Gehäuses mit dem Grundschnitt eines Abteilwagens mit zahlreichen Türen den Aufwand möglichst gering zu halten, wurden diese aus
Abteilwagen (Roco) herausgeschnitten und in das Messinggehäuse eingepaßt. Ein höherer Aufwand wurde hingegen beim Oberlichtaufbau des Daches getrieben,
das Fensterband sollte erst nach der mehrfarbigen Lackierung eingesetzt werden. Mit Kompromissbereitschaft ist aber auch die Verwendung des Oberlichtdaches
eines Spenderfahrzeuges möglich.
Dampftriebwagen vor der Lackierung, weitgehendst zugerüstet
Die Ätzschilder für die Beschriftung wurde ebenso wie die Schiebebilder für die angeschriebene Beschriftung von Ostmodell gefertigt.
Stoltz-Dampftriebwagen “Frankfurt 82” (Eigenbau)
Technische Daten der Triebwagen
Betriebsnummer Länderbahn
Frankfurt 81 u 82
Beschaffungsjahr
1906
Gattungsbezeichnung
D.T.2
Achsanordnung
(1A) 1
LüP
(mm)
16 490
Hersteller Antrieb
Hanomag 1)
Lieferfirma Wagenteil
Breslauer AG 2)
Sitzplätze 2./3./4. Kl
- / 32 / 16 zzgl 24 Stehpl.
Dienstmasse, unbes. (t)
39,0
Antrieb Bauart
Dampfmaschine
Dauerleistung
(kW/PS)
73,5 / 100
Steuerung
Ventil
Geschwindigkeit (km/h)
50
Modell Hersteller
Eigenbau
1) Hannoversche Maschinenbau AG, vorm. G. Egestorff
2) Breslauer AG für Eisenbahnwagenbau, Breslau
Hinweis: Sammlungsbereinigung Triebwagen, Dampfloks, Wagen, Literatur, Zubehör, Liste unter Sammlungsbereinigung
laufende Überarbeitung
Länderbahn